Ende Oktober 2021 referierte Prof. Dr. Michael Heister, Bundesinstitut für Berufsbildung, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zeit für einen Gedankenaustausch“ über das Thema „Junge Menschen mit Handicap – Inklusive Bildungswege und der Beitrag von KI“. Im Kern ging es dabei um die Fragen, wie weit wir vom Ziel inklusiver Bildung noch entfernt sind, ob dies überhaupt erreichbar ist und welche unterstützende Rolle künstliche Intelligenz (KI) bieten kann.

Prof. Heister machte in seinem Vortrag auf die anhaltenden Schwierigkeiten für Menschen mit Behinderung aufmerksam, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu finden. Von jährlich rund 50.000 Schulabgängern mit sozialpädagogischem Förderbedarf finden weniger als 10 % einen anerkannten Ausbildungsberuf, der nicht in Sonderwegen endet. Hinzu kommt, dass nur jedes vierte ausbildungsberechtigte Unternehmen in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren Erfahrungen in der Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderung gemacht hat. Stattdessen steigt die Anzahl von Menschen mit Behinderung, die in Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten. Dies weist auf große Inklusionsdefizite hin, so Heister.

Als Lösungsmöglichkeiten skizziert Prof. Heister ein Zusammenwirken von inklusiver Kultur, inklusiver Struktur und inklusiven Praktiken, sodass Bildungssysteme an die Einzelnen angepasst werden – und nicht umgekehrt, wie es zurzeit häufig der Fall ist. Das Zusammenwirken der drei Ebenen soll Barrieren zur besseren Inklusion beseitigen, individuelle Bildungserfolge leistungsförderlich bewerten, Sonderwege abbauen und offene Zugänge der Regelsysteme für alle schaffen.

Die Digitalisierung kann dabei helfen, diesen Prozess mit technischen Hilfsmitteln zu fördern und weitere Barrieren abzubauen. Dazu zählt etwa die App „Seeing AI“, die sehbehinderten und blinden Menschen die Welt rundherum erzählt. Die von Microsoft entwickelte App nutzt Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz, um die visuelle Welt mithilfe der Kamera des Smartphones zu eröffnen und in der Nähe befindliche Personen, Texte und Objekte verbal zu beschreiben.

Ein weiterer Ansatz bieten Entwicklungen im Bereich des Learning Analytics, das dabei hilft, durch das Messen, Sammeln, Analysieren und Auswerten von Daten über Lernende und ihren Kontext zur Optimierung von individuellen Lernprozessen beizutragen.

Das Forum Sozialversicherungswissenschaft e.V. bedankt sich herzlich bei Prof. Heister für den spannenden Vortrag sowie bei allen Teilnehmern für die fruchtbare Diskussion!